Erste Sitzung mit dem Beirat Digitale Wirtschaft NRW

von Philipp Riederle

Ich freue mich sehr über die Berufung in den Beirat Digitale Wirtschaft durch das Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes NRW. Meine erste Sitzung am 29.10.2018 widmete sich insbesondere der Digitalstrategie NRW.

Die Strategie soll ministerienübergreifend die Digitalstrategie des Landes NRW sein und wurde bis Oktober 2018 unter Einbezug der Öffentlichkeit mittels einer Online-Beteiligungsplattform erarbeitet. Bevor die Strategie Anfang 2019 verabschiedet werden soll, hatte der Beirat die Möglichkeit den Entwurf zu bewerten und mögliche Änderungen zu diskutieren.

Insgesamt wurde die Strategie im Beirat positiv bewertet, selbstverständlich auch einige Aspekte kritisch diskutiert. Besonders hervorgehoben wurde, dass die Digitalstrategie zeitnah in konkrete, messbare Aufgaben übersetzt werden sollte, deren Fortschritt kontinuierlich evaluiert wird.

Zur Erarbeitung meiner Anmerkungen musste ich mich schon einige Tage im Büro zurückziehen (so verlangt es zumindest mein eigener Anspruch), um mich mit dem knapp 70-seitigen Dokument und den erwähnten Projekten vertraut zu machen. Heraus kamen dann drei – aus meiner Sicht besonders wichtige – Anregungen, die ich mit Beirat und Minister diskutierte.

 

Meine Anmerkungen zur Digitalstrategie:

(PDF-Download: Anmerkungen zur Digitalstrategie)

1. Zeitnahe, koordinierte Reaktion auf Veränderungen durch Digitalisierung
Die Digitalstrategie des Landes NRW mag für den Zeitpunkt der Verabschiedung angemessen sein, die einzelnen Maßnahmen erscheinen jedoch statisch. Die Geschwindigkeit der Entstehung und Verbreitung neuer Technologien ist heute so hoch wie nie zuvor. In der Digitalstrategie fehlen entscheidende Überlegungen, wie dieser enormen Veränderungsgeschwindigkeit des Digitalen Zeitalters Rechenschaft getragen werden kann. Eine zeitnahe, dynamische Reaktion auf technologiebedingte Änderungen sollte zentraler Bestandteil der Vision eines digitalisierten Landes sein.

Technologiebedingte Trends und Veränderungen sollten frühzeitig erkannt und in unterschiedlichsten Politikfeldern bedacht werden. Datenquellen hierfür lägen bereits in vielfältiger Weise in unterschiedlichen Landes- und Bundesämter vor (z.B. Arbeitsmarktstatistiken, Patentanmeldungen, Gründungen, etc.). Entsprechend notwendige und wirksame Maßnahmen bedürfen einer interdisziplinären, ministerien- und organisationsübergreifenden Zusammenarbeit. Diese gilt es zu koordinieren.

Ein Beispiel: Die Marktreife einer bestimmten Technologie kann in kurzer Zeit gewisse Berufsbilder massiv verändern oder gar ersetzen, gleichzeitig entstehen neue Berufe und Tätigkeiten. Mit welchen Maßnahmen können betroffene Arbeitnehmer unterstützt oder in der Erwerbstätigkeit gehalten werden? Welche neuen Ideen brauchen wir um Soziale Gerechtigkeit herzustellen? Wie kann der Bedarf von Unternehmen an Fachkräften neuer Berufsbildern zeitnah gedeckt werden? Eng einher gehen diese eher arbeitsmarktpolitischen Fragestellungen mit Fragen der Bildungspolitik: Welche neuen Kenntnisse und Fähigkeiten sind erforderlich? Wie könnten Weiterbildungsangebote hierfür aussehen und von wem werden sie durchgeführt? Welche Ausbildungsberufe müssen aktualisiert werden?  Weiterhin stellt sich gleichzeitig die Frage, inwiefern diese bestimmte Technologie noch weitere Politikfelder betrifft oder einer von Regulierung oder Förderung bedarf. Und ob Konsequenzen oder ein Einsatzpotential für die öffentliche Verwaltung bestehen.

2. Übersichtliche Online Anlaufstellen für Unternehmen und Startups

Die Digitalstrategie beschreibt sinnvolle Maßnahmen zur Unterstützung von Unternehmen, die das bestehende Angebot des Landes nützlich ergänzen. Die verschiedenen Angebote erscheinen allerdings fragmentiert und unübersichtlich, es gibt keine einheitliche, erste Anlaufstelle. 

Durch zielgruppenspezifische Online-Portale sollten die verschiedenen Angebote gebündelt und übersichtlich dargestellt werden. Sie sollen eine erste Anlaufstelle bieten, die einen Überblick schafft. Gleichzeitig erzeugt ein solches Portal Strahlkraft über die Landesgrenzen hinaus. Denkbar wären erste Portale für die die Zielgruppen Startups, KMUs und ggf. auch Studierende/-interessierte. Idealerweise sollten die benannten Angebote direkt einfach und unbürokratisch beantragt werden können. Eine Integration in das Servicekonto NRW/Unternehmenskonto NRW wäre denkbar.

Beispielhaft könnte das Portal für Startups auf folgende Themen verweisen, gegliedert nach unterschiedlichen Situationen oder Phasen der Gründung: Standortsuche/DWNRW-Hubs, Online-Gewerbeanmeldung, Finanzierung, Coaches, Fördermöglichkeiten, Weiterbildungen, Arbeitsmarktmaßnahmen, Wettbewerbe, etc. 

3. Einsatz für einheitliche IT-Standards, Austauschformate und offene APIs

Wie der Digitalstrategie zu entnehmen ist, werden insbesondere in den kommenden Jahren einige Investitionen getätigt, unter anderem zur Digitalisierung der Verwaltung. In den entsprechenden Vergabeverfahren sollte dringend darauf geachtet werden, dass behörden- und länderübergreifende Standards berücksichtigt (oder geschaffen) werden. Außerdem sollten übliche Datenaustauschformate unterstützt und offene, dokumentierte APIs implementiert werden.

Oftmals verursachen IT-Projekte gerade aufgrund von Versäumnissen auf diesen Gebieten später Inkompatibilitäten, Probleme und enorme Kosten. Um die Zukunftsfähigkeit der Investitionen sicherzustellen, sollte die Digitalstrategie einen Einsatz für genannte Themen berücksichtigen.