Chatten im Unternehmen?

von Philipp Riederle

Instant Messenger wie WhatsApp beherrschen schon heute unsere Alltagskommunikation. Soll diese Kommunikationsform also auch Einzug ins Arbeitsleben finden? Verbessert chatten die Zusammenarbeit? Oder sind diese Tools reine Zeitfresser und Produktivitätskiller? Und wieso benötigt man dafür spezielle Business-Messenger, wie zum Beispiel Slack? In dieser Ausgabe kläre ich wie immer: Relevanz (“Wir haben doch E-Mail!”), Funktionen (“Wieso nehmen wir nicht einfach WhatsApp?”), Anbieter, Vor- und Nachteile und konkrete Tipps zum Einsatz.

Inhalt der Folge 

Privat gehört Chatten bereits zum Standardrepertoire der Kommunikation. 70% der Deutschen nutzt WhatsApp täglich. So kommt der Wunsch auf, diese Form der Kommunikation auch im Arbeitsalltag einsetzen zu können. Die Hersteller von Business Messenger preisen ihre Produkte an, sie seien produktivitätssteigernd und würden die Kommunikation erleichtern. Doch sind sie das tatsächlich? Welche Risiken bringt der Einsatz von Chats im Unternehmen mit sind?

Wieso sind Businessmessenger relevant?

Warum nicht einfach eine E-Mail schreiben?

Konversationen, insbesondere in Gruppen, sind über Messenger einfacher und übersichtlicher. Außerdem sind sie schneller in der Benutzung und in vielen Fällen auch sicherer als Emails. Unzählige Empfängern immer wieder erneut per CC oder BCC anzugeben ist umständlich. In Business Messengern können Chats für Teams oder Themen angelegt werden. Neue Mitglieder können bestehenden Gruppen einfach hinzugefügt werden. Bei Bedarf kann auch von ihnen vergangene Kommunikation einfach nachvollzogen werden.

Warum nicht einfach WhatsApp verwenden?

WhatsApp ist nicht für Unternehmenszwecke ausgelegt. So fehlen hier ganz entscheidende Funktionen für den Unternehmenseinsatz, insbesondere hinsichtlich Datenschutz und die Nutzeradministration. So kann beispielsweise nicht sichergestellt werden, dass Chat-Daten zuverlässig gelöscht werden, wenn ein Mitarbeiter das Team oder sogar die Firma verlässt. Auch können große Teams nicht weiter unterteilt werden, so dass immer weitere Gruppenchats eröffnet werden müssen.

Welche Funktion haben die Unternehmens Chat-Tools?

  • Channels / Gruppen
    bündeln die Kommunikation zu Projekten, Themen oder auch wichtigen Kunden. In einigen Tools, können die Teilnehmer innerhalb der Gruppe weitere Untergruppen erstellen.
  • Übergreifende Kommunikation
    über Abteilungs- und auch Unternehmensgrenzen hinweg. Die selbe Software vorausgesetzt.
  • Einzelchats
    für den Austausch mit einzelnen Kollegen.
  • Integration anderer Anwendungen
    So ist es beispielsweise möglich Kalendereinträge direkt aus dem Chat zu erstellen, Videokonferenzen zu starten oder To-Do-Einträge zu verfassen. Auch kann andere Software bei definierten Ereignissen auch Nachrichten in den Chat enspeisen.
  • Eine ausgereifte Suchfunktion
    gehört zu den wichtigsten Funktionen. So können schnell Antworten auf Fragen gefunden werden, die im Chat bereits besprochen wurden.
  • Zentrale Speicherung der Daten
    auf einem Server. Das ermöglicht unabhängiges Einloggen von allen Endgeräten, ohne eine aktive Verbindung zum Handy herstellen zu müssen.
  • Datensicherheit und Administrationsfunktionen
    Sie können zentral verwalten: Wer darf in welche Gruppe? Welche Nutzer haben welche Rechte? Welche Nutzer sollen aus einer Konversation entfernt werden?Auch können Aufbewahrungsrichtlinien definiert werden. Diese unterstützt bei der Einhaltung von gesetzlichen Vorschriften, dass alle Kommunikation im Unternehmen für einen gewissen Zeitraum aufbewahrt oder nach gewisser Zeit gelöscht werden muss.
  • Anbindung an bestehende IT-Infrastruktur
    wie zum Beispiel Active Directory. So können automatisch alle Mitarbeiter in das Chat Tool übernommen werden. Dank Single-Sign-On (SSO) kann sich mit der existierenden Benutzernamen-Passwort Kombination angemeldet werden.

Welche Tools zum Chatten im Unternehmen?

Viele der umfassenden Software-Komplettlösungen bieten eine Chatfunktion zum Zusammenarbeiten. Es gibt aber auch eine Vielzahl an Anbietern, die sich auf reine Businesschatfunktionen spezialisiert haben.

  • Bei Microsoft Teams, Teil des Office 365-Paktes, kann man direkt mit den bereits existierenden Gruppen und Projektteams chatten. Auch in Workplace von Facebook ist eine Chat-Funktion integriert
  • Slack gilt als Standard der reinerassigen Chat-Tools. Hier lassen sich besonders viele Anwendungen integrieren. Mittels des Marketplace, kann der Funktionsumfang des Slack Basisproduktes erweitern werden. Zur Übersichtlichkeit der Konversationen können Antworten im Chat direkt Fragen zugeordnet werden können.
  • Dienste von lokalen Entwicklern sind insbesondere aufgrund des Server-Standortes und der daraus folgenden Rechtslage interessant. Dazu zählt Circuit, Valido, Stackfield aus Deutschland oder Grape aus Österreich.
  • Meine Open Source Tipps: Metamost, Zulip oder Rocketchat. Der Quellcode kann eingesehen und bearbeitet werden. Und sie können auf einem eigenen Unternehmensserver betrieben werden, was Ihnen die Kontrolle über die Daten gibt.

Der Showdown: Sind Businesschats hilfreich oder Produktivitätskiller?

Was spricht dafür?

  • Einfache und schnelle Kommunikation
  • Weniger formell als Emails
  • Sicherer als Emails
  • Schnittstellen zur Integration anderer Software
  • Konversationen sind einfach nachzuvollziehen
  • Einfacher Einstieg ohne große Hürden

Vorsicht – Produktivität in Gefahr

  • Chatten macht Spaß. Eine übermäßige Nutzung kann von der eigentliche Arbeit ablenken.
  • Täuschendes Gefühl von Produktivität, durch stetigen Austausch mit dem Team, aber kein richtiges Arbeiten.
  • Gewisse Themen sind nicht für Chats geeignet! Mit Telefonanrufen, Videocalls oder idealerweise einem Treffen können durch die zusätzlichen Kommunikationsebenen Missverständnisse vermieden und Konflikte schnell geklärt werden.
  • Business Chats simulieren Transparenz. Es entsteht der Eindruckt, dass man alles mitbekommt und keine weitere Kommunikation notwendig ist. Manager könnten so zum Micromanagement v erleitet weerden.
  • Das Gefühl der ständigen Verfügbarkeit kann Druck auf die Teilnehmer aufbauen, sofort antworten zu müssen. Dies unterbricht konzentriertes Arbeiten.

Tipps für einen sinnvollen Einsatz

  1. Selbstdisziplin ist in der heutigen Arbeitswelt überlebenswichtig um einen klaren Fokus zu behalten. Messeneger und Benachrichtigungen sollten grundsätzlich stumm gestellt werden, wenn man konzentriert an einer Aufgabe sitzt. Das gilt auch für den Feierabend.
  2. Halten Sie sich außerdem immer vor Augen: Welcher Kommunikationsweg ist für welche Inhalte der geeignetste? Themen wie Passwörter oder Unternehmensgeheimnisse haben nichts in einem Chat verloren! Aber auch kritisches Feedback oder Meinungsverschiedenheiten sollten besser über Telefon, Videokonferenz oder persönlich geklärt werden. Das gilt auch allgemein für Probleme und Brainstorming.
  3. Unternehmensinterne Guidelines können Orientierung und Verlässlichkeit schaffen. Beispielsweise kann darin geklärt werden, ob jeder alle Gruppen immer im Blick behalten muss – oder nur wenn man persönlich angesprochen wird. Auch: Welche Themen werden besprochen? Und in welcher Zeit werden Antworten erwartet?. Stellen Sie außerdem klar: es ist in Ordnung auch mal nicht erreichbar zu sein!